Eins ist ja klar: ohne Liebe geht „christlich“ gar nicht. Das hätte man auch schon unter „Freiheit“ sagen können und es hat sich da ja schon angedeutet. Christliche Freiheit wählt nie den Hass und auch nicht die Gleichgültigkeit, sondern immer die Option der Liebe. Das heißt jetzt nicht, dass hier alle mit einem Riesenvorrat an Liebe herumlaufen, den sie großzügig an alle Welt verteilen. Solche Vorstellungen produzieren Helfersyndrome. Und die führen zu krankheitsbedingten Ausfallzeiten. Im Übrigen werden alle, die mit Hephata einen Arbeitsvertrag haben, für ihre Leistungen bezahlt und haben Anspruch auf Erholungsurlaub. Soviel Ehrlichkeit muss sein. Bitte keine falsche Romantik.
Was uns aber an der christlichen Version des Liebesbegriffes fasziniert, das ist die Umkehr der Richtung, wie sie in dem schönen Gleichnis vom barmherzigen Samariter deutlich wird. Da wird ja mit dem Samariter jemand hilfreich tätig, von dem man das gar nicht erwartet hätte. Und er wird tätig, obwohl er das gar nicht vorhatte. Vielmehr wird er vom zufälligen Anblick des Mannes am Wegesrand überwältigt. Der berührt ihn zutiefst. Womit das Opfer zum Täter wird und der vermeintliche Wohltäter zum heimlichen Opfer. Der Samariter war bloß empfindsam genug, so dass er die Berührung durch das Opfer auch wahrgenommen hat. Das Geheimnis der christlichen Liebe ist dieser Richtungswechsel, diese Art der Empfindsamkeit, die sich berühren, bewegen und letztlich überwältigen lässt vom Bedarf eines Anderen. Für unsere Arbeit ist solche Empfindsamkeit von großer Bedeutung. Denn die Menschen, für die wir tätig sind, können ihren Willen und ihre Wünsche häufig nicht so klar bekunden wie viele andere. Die Kunstfertigkeit unseres Berufes besteht deshalb im Kern aus solcher Empfindsamkeit, wie wir sie im christlichen Liebesbegriff wiederfinden.